Erfahrungsbericht eines Nicht-Journalisten

JörgH-67
http://www.auto-motor-und-sport.de/forum...ull=1#post26281

Zitat:
Hallo zusammen

Soeben ist meine erste Testfahrt mit dem Subaru BRZ zu Ende gegangen.
Seit heute morgen bin ich unterwegs, und knapp vor halb elf durfte ich ein Fahrzeug sitzen, dass auch für die Presse-Präsentationen benutzt wurde.
Um einen direkten Vergleich machen zu können, habe ich mir von einem guten Freund einen Toyota MR2 MK.I aus dem Jahre 1987 geborgt, damit ich die Autos und deren Entwicklungsunterschied vergleichen kann.
Es hat den ganzen Tag geregnet oder war sehr feucht. ESP war immer ausgeschaltet.

1. Eindruck:
Der BRZ ist ein im Vergleich zum Toyota Celica der letzten Serie weniger agressiv gezeichnet. Er scheint auch weniger breit zu sein (optisch), was aber beim letzten Celica auch eine Folge der sehr spitz gezeichneten Form sein kann.
Das Cockpit ist sehr aufgeräumt, Japaner-typisch gibt es keinerlei Fragen, wo was sitzt. Die Sitzposition ist voll einstellbar, ergo finde auch ich meinen Platz. Der von mir gefahrene Wagen hat alles an Bord, was es braucht, d.h. Standard-Ausrüstung plus Klima-Automatik. Sonst nix. Die Verarbeitung ist OK, aber ich bin jetzt nicht jede Fuge abgefahren mit den Fingern.
Die Übersichtlichkeit leidet unter den breiten C-Säulen, die B-Säulen sind dafür kein Problem und auch die A-Säulen stören kaum. Die Fahrzeug-Front ist nach vorne kaum einsehbar, was das rangieren etwas mühsamer gestalten mag. Das kann aber auch an meiner Sitzposition liegen.
Dem Motor fehlt untenrum etwas Druck im Alltagsbetrieb, aber er erstaunt mit linearer Leistungs- und Drehmomentsabgabe, die kaum Löcher oder Berge aufweisst. Das soll sich später im schwierigen Geläuf deutlich bemerkbar machen.

2. Erster Fahreindruck
Zuerst sind wir auf der linken Rhein-Seite von Basel her kommend in Richtung Rheinring gefahren. Dabei kann wunderbar auf der Autobahn die Fahrwerksqualität getestet werden, da auch auf der französischen Seite einige Etappen mit Beton-Platten bestehen. Der BRZ dämpft dabei ordentlich, ja harte, trockene Schläge werden erstaunlich gut gedämpft. Auf langen Wellen werden wenig gedämpft, was aber IMO OK ist. Der Lärmpegel im Innenraum macht auch Langstrecken-Fahrten erträglich, aber niemand hat bei diesem Auto einen komfortablen GT erwartet. Der Geradeaus-Lauf ist top, der Wagen reagiert mit den montierten Reifen (Bridgestone) kaum auf Längsrillen. Die Gas-Kennlinie ist gut, linear, gut dosierbar, und nicht zu aggressiv. Im Kreisverkehr kann auf Nässe sehr gut jederzeit ein Powerslide provoziert werden, der aber extrem gut zu kontrollieren ist.

3. Auf der Rennstrecke
Der BRZ für sich betrachtet:
Auf dem Rheinring sind wir im strömenden Regen sowie auf nasser Strecke mit leichten Tropfen gefahren. Ich hatte dabei 2x20 min Zeit, den BRZ zu fahren, während dem ich dazwischen 20min mit dem MR2 die Runde gemacht habe.
Der BRZ lenkt sich extrem gut ein. Zu Beginn neutral, legt er kurz nach dem Einlenken gut an, um dann, wenn man's will, gut kontrollierbar in einen Powerslide überzugehen. Grenzbereich und Übergang werden sehr gut angezeigt, das Fahrwerk schien mir extrem transparent. Dabei fällt auf, dass es dabei nicht die knüppelharte Auslegung eines C63 AMG, eines M3/8 oder eines Audi RS4 braucht, nein, das BRZ-Fahrwerk ist wie das des 370Z weicher, was speziell bei diesen Bedingungen hochgradig willkommen ist. Beispiel: Nach dem sogenannten FlickFlack geht es in eine langezogene, sich öffnende Rechtskurve raus auf die lange Gerade. Im Anbremsbereich hat es eine Welle, die nach unten weggeht. Bei Motorrädern geht da bei jeder Maschine das Heck in die Luft, hart abgestimmte Wagen versetzen da. Nicht so der BRZ. Man merkt zwar, dass da eine Welle ist, aber keineswegs kritisch, und ein allfälliges Nachwippen, dass das Einlenken in die Rechtskurve stören könnte, entfällt komplett. Sehr souverän, wirklich. Beim Rausbeschleunigen kann auch mit Curbs-Überfahrten auf nassem Untergrund das Fahrwerk kaum gestört werden, etwas, was beim direkten Vergleich mit dem MR2 extrem auffiel.
Der Motor scheut auch die hohen Drehzahlen nicht, was sehr angenehm beim Ausdrehen auf der Geraden ist. Sehr angenehm hier ist genau die lineare Auslegung des Motors. Wird sonst gerne mal moniert, dass das Ding nur 200 Nm hat, muss ich sagen, dass ich heute sehr froh drum war. Wenn's rutschig ist oder aber schnelle Kurven zu fahren sind und kaum Geraden dazwischen, macht so eine Auslegung Sinn und sie erlaubt es Fahrern jeder Ausbildung, das für sich ideale zum jeweiligen Zeitpunkt abzurufen, also auch mal eine Kurve einen Gang höher zu durchfahren, weil man ein Schisser ist, ist man deswegen gefühlt kaum langsamer unterwegs, auch wenn natürlich am Ausgang die Beschleunigungsorgie deutlich geringer ist.
Auch hier möchte ich das an einem Beispiel fest machen: Nach der langen Geraden hat es eine langezogene Rechtskurve, die geht sehr schnell, auch im Regen. Weil der Motor so linear ausgelegt ist, kann man perfekt dosieren, ob mjan neutral, leicht übersteuern oder im Powerslide um diese schnelle Ecke fahren will, und glaubt's mir: Man kommt mit jedem dieser Fahrstile sehr schnell am Bremspunkt der nächsten 90-Grad-Rechts an.

Der direkte Vergleich zum MR2:
Der MR2 MK.I ist noch eine ganze Ecke handlicher, was ihn auch deutlich nervöser macht. Bekannt dafür, dass er im Regen nur in kundige Hände gehört, machte mir das blitzartig ausbrechende Heck richtig Spass.
Und was der MR2 vor fast 30 Jahren war, der MX-5 seit 20, ist der BRZ/GT86 heute deren legitimer Nachfolger. Der MR2 springt zwar mehr aus den Ecken raus, die Traktion ist gefühlt besser (gemessen wurde nichts), das Handling aggressiver, doch dafür braucht es für den BRZ bei solchen Wetterverhältnissen auch keinen Waffenschein, wenn man schnell sein will, man schwitzt weniger, weil es im Vergleich zum MR2 nur ca. die Hälfte der Arbeit gibt. Der Motor des BRZ dreht genau so schnell hoch, der Schub ist natürlich um Welten besser und druckvoller.
Vor allem das Fahrwerk des BRZ überzeugt voll und ganz. Das dürfte sogar mit Mehrleistung keinerlei Probleme haben.
Das Überraschendste aber ist das geringe Gewicht des BRZ. Das ist deutlich fühlbar. Während dem der MR2 (fast gleich schwer) wegen des kurzen Radstandes zwar noch agressiver einlenkt, lenkt der BRZ verglichen mit M3 und Konsorten deutlich handlicher ein. Und die gute Sperre an der Hinterachse, die Abstimmung, die gute Traktion und die exzellente Lenkung sind Spassgaranten sondergleichen.

4. Der BRZ auf der Landstrasse
Anschliessend sind wir mit dem BRZ über die Bergsträsschen des Elsass und der Vogesen geflitzt ... und auch hier zeigt der BRZ eindrucksvoll, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Übergänge in den Kurven (griffig auf rutschig oder umgekehrt) zeigt er zwar an, lässt sich aber mit einem kleinen zurücknehmen des Gas (oder mehr geben) sofort wieder auf Kurs bringen, Das Fahrwerk ist sportlich, aber auch hier nicht knochenhart, direkt, aber nicht zickig. Lenkkorrekturen braucht es dazu kaum. Hier zeigt sich auch die überzeugende Übersichtlichkeit über die A-Säulen. Es gibt kaum tote Winkel, die das Fahren stören. Fiel das auf der Rennstrecke noch kaum auf (man kann ja auch zur Seitenscheibe rausgucken beim Powerslide), spielt das auf der Strasse plötzlich eine gehörige Rolle. Auch hier fehlte nie die Leistung. Klar, auf ganz langen Geraden aus langsamen Haarnadelkurven raus (z.B. oberer Teil hoch zur Haut-Koenigsburg) wünscht man sich vielleicht manchmal zusätzlich 50 PS, aber das ging heute nur, weil kaum Verkehr war. Die Sperre an der Hinterachse ist auch hier ein Highlight. Selbst aus engen Kurven raus hat man immer Power, immer Vortrieb. Wahnsinn!
Auf demselben Geläuf braucht der MR2 eine äusserst kundige Hand, und man kann auch dann gar nicht so schnell fahren wie mit dem BRZ. Dafür ist die Auslegung des MR2 bei diesen Verhältnissen schlicht zu gefährlich.

Fazit:
Wer ein Coupé sucht, das einen Wahnsinns-Spassfaktor für wenig Geld bietet, auf Autos steht wie MX-5 oder die alten MR2, und Sportlichkeit von hartem Fahrwerk unterscheiden kann und schätzt, ist hier genau richtig.
So vernünftig unvernünftig war ich schon lange nicht mehr unterwegs, eigentlich seit ich mich dazu entschlossen hatte, meinen alten MR2 umzubauen. Eine Kaufempfehlung für all die, die einen Sportwagen suchen, der einfach alles kann, aber nicht alles kosten soll. Einkaufen, Spass beim Heimweg, Rennstrecke, Ferien (ja, sogar der Kofferraum ist ordentlich) ... die Kiste kann alles, und macht bei allem vor allem eins: Unendlich viel Spass!

Liebe Grüsse

Sam
KlausW-60
Gut beschrieben. Für einen Kaufinteressenten bestimmt
sehr hilfreich. Vielleicht aufschlussreicher als mancher
professionelle Test.
ThorstenR-66
Zitat:
Original von KlausW-60
Gut beschrieben. Für einen Kaufinteressenten bestimmt
sehr hilfreich. Vielleicht aufschlussreicher als mancher
professionelle Test.


Ja das ist nicht nur so das ist garantiert so. Die Professionellen Journalisten schreiben doch eh fast alle zu 80% pro Autoindustrie.
Überhaupt dann wenn der zu testende PKW aus Japan kommt.

hallo