Rallye-Unfälle und Zuschauerverhalten

JörgH-67
Unter Schock ist alles möglich...selbst erlebt!
gelöschter benutzer
Ich vergleiche das lebensgefährliche Verhalten der Zuschauer und die Pflichten eines Rallye-Fahrers diesen Zuschauern gegenüber einmal mit dem Verhalten, das ich als Jäger an den Tag legen muss:

Wenn ich auf einer Treibjagd auf Wildschweine bin, es nähert sich mir eine Rotte Wildschweine, ich lege das Gewehr an, um zu schießen und plötzlich läuft mir ein Spaziergänger in die Schussbahn, obwohl durch Warnschilder auf die Treibjagd aufmerksam gemacht wurde, dann ist es mir verboten, zu schießen.
Schieße ich dennoch und treffe den Spaziergänger, trifft mich als Jäger die Hauptschuld an dem Tod oder den Verletzungen des Spaziergängers.
Dann nimmt mir kein Richter die Entschuldigung ab, der Spaziergänger sei selbst Schuld, da er mir trotz Warnhinweisen in die Schussbahn gelaufen sei.

Beim Rallye-Sport verhät es sich meiner Meinung nach genau so. Wenn ich als Fahrer sehe, dass Zuschauer sich so leichtfertig verhalten, dann habe ich die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, die Rallye abzubrechen!

Kein Wettbewerb steht über einem Menschenleben, selbst wenn sich Zuschauer höchst leichtsinnig verhalten!

Wer dann als Fahrer dennoch bei einer solchen Rallye weiter teilnimmt, trägt dann meiner Meinung nach genau so die Hauptschuld wie ich sie als Jäger in dem geschilderten Beispiel zu tragen habe.

Und sich dann noch nicht einmal um die Verletzten zu kümmern, müsste nach meinem Rechtsempfinden mit dem lebenslangen Entzug der Rennlizenz bestraft werden.
JörgH-67
Gert, bist Du schon einmal in der Stadt 50 km/h gefahren, und hast auf dem Gehsteig spielende Kinder gesehen, und bist trotzdem weitergefahren, obwohl, wie von Gerichten geurteilt, Kinder zu unvorhersehbaren Aktionen neigen...gemäss Deiner Argumentation würde ich jetzt vermuten, das Du Deine Fahrt abbrechen/beenden müßtest, bis die Kinder weg sind...

Ich denke, wie bei so vielen Dingen im Leben, gibt es verschiedene Standpunkte die man vertreten kann, und genausowenig wie es ein klares richtig oder falsch gibt, wird hier der Kompromiss zu finden sein, das man dem Standpunkt des anderen zwar nicht teilt, jedoch seine Meinung akzeptiert.
HaraldB-75
Zitat:
Original von JörgH-67
Gert, bist Du schon einmal in der Stadt 50 km/h gefahren, und hast auf dem Gehsteig spielende Kinder gesehen, und bist trotzdem weitergefahren, obwohl, wie von Gerichten geurteilt, Kinder zu unvorhersehbaren Aktionen neigen...gemäss Deiner Argumentation würde ich jetzt vermuten, das Du Deine Fahrt abbrechen/beenden müßtest, bis die Kinder weg sind...

Ich denke, wie bei so vielen Dingen im Leben, gibt es verschiedene Standpunkte die man vertreten kann, und genausowenig wie es ein klares richtig oder falsch gibt, wird hier der Kompromiss zu finden sein, das man dem Standpunkt des anderen zwar nicht teilt, jedoch seine Meinung akzeptiert.


Absolut richtig.

Eine Rallye wegen Lemmingen abbrechen wäre auch kein Weg => es würde nur mehr WM-Läufe geben wo wirklich auf jedem Meter ein Funktionär Einsicht hat, alles andere müsste man gleich im Vorfeld verbieten.

Bei der Jänner-Rallye die übrigens international (und seitens der FIA) von der Organisation her sehr angesehen ist kann es sein dass man irgendwo durch den Wald fährt und 1 oder 2km lang keinen Menschen sieht ...


Und bitte nicht mit der Jägerei vergleichen => dem Rallyefahrer um den es geht wäre es eh auch um Welten lieber gewesen wenn er das Rutschen vorsorglich nicht machen hätte können => das hat man beim Jagen ja im Griff, da drückt man einfach nicht ab, ihm ist da ein Fehler unterlaufen, er hat die Kontrolle verloren und erst dann ist es eskaliert.

Dort stehen auch genügend andere Lemminge die sich um die Verletzten kümmern können, aber: wir wissen ja garnicht ob das für den Fahrer gezählt hat => wie gesagt, es besteht bei solchen Veranstaltungen immer die Gefahr dass man gelyncht wird, und er hatte grad mal noch 200m ins Ziel => vielleicht war er ja auch schon am Weg zurück zur Unfallstelle?

Wir wissen das alles nicht.



Ich erinnere mich da an diverse Unfälle bei der Formel1 wo Teile ins Publikum geflogen sind, ich erinnere mich aber nicht an Fahrer die abgestellt haben auf der Strecke, über die Abspererung geklettert sind und die Leute erstversorgt haben ...
gelöschter benutzer
Zitat:
obwohl, wie von Gerichten geurteilt, Kinder zu unvorhersehbaren Aktionen neigen...gemäss Deiner Argumentation würde ich jetzt vermuten, das Du Deine Fahrt abbrechen/beenden müßtest, bis die Kinder weg sind...


Ja, Jörg, u.U. ist das so.
Wenn ich eindeutig erkennen kann, dass sich die Kinder absolut leichtsinnig verhalten oder verhalten werden, bin ich als Fahrer verpflichtet, zumindest die Geschwindigkeit zu vermindern oder sogar anzuhalten.
Wenn ich denn anhalten muss, darf ich meine Fahrt erst fortsetzen, wenn eine Gefährdung der Kinder nicht mehr besteht. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob die aktuelle Gefährdung nur im Verhalten der Kinder begründet ist.

Grundsätzlich bin ich überhaupt nicht gegen den Rallye-Sport - im Gegenteil, ich finde ihn sogar toll.

Aber wenn Rallye-Fahrer nach dem gleichen Gebot wie im obigen Beispiel geschildert reagieren würden (oder sogar müssten), also u.U. eine Rallye abbrechen würden wegen eines unverantwortlichen und leichtsinnigen Verhaltens der Zuschauer, hätte das auf die Zuschauer einen sehr erzieherischen Effekt, denn sie würden sich durch ihr leichtfertiges Verhalten selber bestrafen, sie könnten eine abgebrochene Rallye nicht weiter beobachten - siehe die Boykott-Drohungen oder sogar tatsächlichen Boykotts in den siebziger oder achtziger Jahren.

Natürlich lässt sich im Rallye-Sport nie eine fast 100 prozentige Sicherheit der Zuschauer erreichen, wie sie mittlerweile im Formel-1-Sport besteht.
Wer aber in einer Rallye weiter fährt, in der solche "Zuschauerverhältnisse" herrschen wie bei dem gezeigten Unfall, sollte für Folgen genau so haftbar sein wie in deinem "Kinder-Beispiel" oder meinem "Jäger-Beispiel".

Das hätte eventuell den Effekt, dass manche Rallye erst einmal nicht mehr durchgeführt werden könnte, weil zu wenige Fahrer dieses Risiko eingehen würden.
Nach einer gewissen "Lernzeit" sowohl auf Seiten der Zuschauer als auch auf Seiten der Fahrer bezüglich der Sicherheit würde sich das aber auf ein Maß mit einer wesentlich größeren Sicherheit einspielen.

Diese meine Meinung kann man nun diskutieren und teilen oder nicht -das akzeptiere ich immer. hallo

Aber sorry , Aussagen in diesem Zusammenhang wie "Wo gehobelt wird, fallen auch Späne" oder Menschen mit Lemmingen zu vergleichen (Es geht hier um Menschenleben oder schwere Verletzungen!) akzeptiere ich nicht. traurig rote Karte

Und wie sagte MichealS sehr treffend: "Da gehts einfach nur um Menschlichkeit, nicht mehr um Wettbewerb..." klatsch klatsch


Editiert:

Zitat:
das hat man beim Jagen ja im Griff, da drückt man einfach nicht ab, ihm ist da ein Fehler unterlaufen, er hat die Kontrolle verloren und erst dann ist es eskaliert.


Da gibt's wie bereits oben von mir beschrieben die ganz einfache Lösung: Ich fahre bei solchen "Zuschauerverhältnissen" einfach nicht!
Wenn ich's doch tu, ist's absolut kein Unterschied zu meinem "Jäger-Beispiel".
HelmutS-50
Ich habe mir nun einige "Crash-Filmchen" angeschaut und da ist mir bzgl. Verhalten noch etwas aufgefallen.
In allen Aktionen fuhren die Teams wieder weiter, wenn das Auto noch fahrbar war !
Petter Solberg bei der Monte gehört übrigens auch dazu.
JörgH-67
nur um klugzuscheissern meinerseits:

- der Rallyfahrer will durch den Kurs kommen, er fliegt nicht freiwillig ab, ist ein Umstand, der mehr oder weniger von anderen Faktoren abhängt
- Dein Jägerbeispiel hinkt, es müßte eigentlich lauten: "Schuss auf Wild abgegeben, Kugel prallte ab, und als Querschläger hat sie Spaziergänger getroffen"

erst so wird es stimmig: Aktion->unvorhergesehenes Ereignis->ungewünschtes Resultat

das einige o.g. Formulierungen nicht gerade von Taktgefühl zeugen, darin stimme ich mit Dir vollkommen überein...
HaraldB-75
Wie würdet ihr diese hirnlosen Leute bezeichnen die sich in Notausgänge und andere gefährliche Zonen stellen?


Die bringen sich selbst in Gefahr, PUNKT
Deshalb müssen sie es auch akzeptieren wenn ihnen schlimmes widerfährt.


Ich war schon bei x Rallies als Zuschauer und habe mir, um meine Chancen zu verbessern, eine Tele-Objektiv für die Digi-Cam gekauft. Damit meine ich nicht die Chancen auf ein gutes Foto sondern meine Überlebensschancen => ich stell mich gerne abseits der Strecke erhöht hin, und wenn ich keine solche Stelle finden an dem Ort wo ich bin gehe ich weiter. Irgendwo findet man ein Stück Wald wo man sich innen hinter Bäumen hinstellen kann usw. ...


Wir haben auch oft schon Leute auf Gefahren hingewiesen, vor allem welche mit Kindern, und mittlerweile würde ich sagen: ich freue mich schon wenn ich nur ein Schulterzucken zurückerhalte, die meisten regen sich nämlich furchtbar auf weil man schulmeistert und bleiben dann partout stehen.

Der Begriff "Lemminge" ist für mich langsam gewachsen. Und Hand in Hand: wo gehobelt wird ..., arme Schwerverletzte, aber damit müssen sie rechnen wenn sie "deppad" stehen ...
HelmutS-50
Man darf bei der ganzen Diskussion aber auch nicht vergessen, dass sich nicht nur absolute und Zuschauerplatzerfahrene Rallyefan`s einmal so eine Wertungsprüfung anschauen.
Ich selbst verzichte auch gerne auf den sichttechnisch optimalen Platz und schaue mir das Ganze lieber etwas zurückgezogen und möglichst erhöht an, wobei es leider keine 100%tige Sicherheit gibt, wenn man betrachtet, wie weit, hoch und schnell die Auto`s fliegen können.

Wenn Du nun z.B. zu den Eltern mit ihren beiden 4 und 6-jährigen Kindern bzgl. ihres gefährlichen Zuschauerplatzes etwas anmerkst, dann kommt tatsächlich öfters eine Antwort in Richtung "was geht dich das an" zurück !!!!!
Weiterhin gibt es den jugendlichen Leichtsinn und auch der Alkohol spielt eine Rolle.
In Spanien ist mir aufgefallen, dass da um mich herum ziemlich oft gekifft wurde und ich nicht tief einatmen durfte, um nicht selbst abzuheben.
In Finnland habe ich leider öfters mit ansehen müssen, wie total Betrunkene während der laufenden Wertungsprüfung auf der Strecke rumeierten. Höhepunkt war, als eine Frau einen auf den Rücken gefallenen Besoffenen, an den Füßen von der Strecke zog und die Herumstehenden nur gegröhlt haben, wobei man den nächsten Teilnehmer schon nah hören konnte (ach so, die standen nicht einmal an einer gefährlichen Stelle, weshalb wohl dort auch keine Streckensicherung vorhanden war).

Es gibt also vielerlei Gründe, weshalb sich Menschen selbst in Gefahr bringen. Obwohl es - aus meiner Sicht - in Deutschland oft etwas übertrieben wird, gibt es nur eine Lösung :
entsprechende Streckenabschnitte durch Bänder sperren und durch Streckenposten überwachen lassen.
Bei den heutigen WM-Läufen wird dies meist gemacht und kontrolliert, wobei ich aber auch durch unvernünftige Fans schon in den Genuss kam, dass die Wertungsprüfung abgesagt werden musste.

Helmut
HelmutS-50
Sousa: Verletztem Fan geht es besser
von Britta Weddige
20. Juni 2008 - 19:21 Uhr

(Motorsport-Total.com) - Der Zuschauer, der bei der Rallye Türkei von einem Stein getroffen wurde, der von Bernardo Sousas Red-Bull-Mitsubishi zur Seite geschleudert wurde, erholt sich allmählich. Wie ein Sprecher der Rallye gegenüber 'Crash.net' erklärte, sei der 45-jährige Belgier jetzt bei Bewusstsein.

Der Mann hat sich schwere Brüche an beiden Beinen zugezogen und muss sich mehreren Operationen unterziehen. "Ich habe gehört, dass es ihm jeden Tag besser geht und er beginnt, sich zu erholen", so der Sprecher.

Der Zwischenfall hatte sich am Samstag in der zehnten Wertungsprüfung ereignet. Als Sousa sah, dass der Mann zu Boden ging, hielt er an, um zu helfen. Den Rest des Samstags setzte der Portugiese nervlich völlig am Ende aus.